Vom Annehmen und Bezwingen

Man muss annehmen was man nicht bezwingen kann.

Also nehmen wir an?

Ich nehme an! Ich nehme an, dass dieser Umstand einfach gegeben ist. Vermutlich oder höchstwahrscheinlich gibt es da kein Ausweichen, kein drum herum, kein Schlupfloch oder gar Ausweg. Was soll’s, dann lasst es eben passieren. Das Leben. Weltuntergänge, Menschen – die kommen und gelegentlich viel schneller wieder verschwinden als einem lieb ist – Zufälle, schöne Momente und in bestimmten Lebenszyklen auch einfach beschissene Tage. Momente, die man mit „Schnellvorlauf“ hinter sich bringen möchte. Aber fuck you, Schnellvorlauf gibt es nur im Film und in Gedanken. Also musst du den ganzen Mist über dich ergehen lassen. Nimm es an, wenn du es nicht bezwingen kannst. Und mit bezwingen meine ich, einfach Herr der Lage sein, Gefühle unter Kontrolle behalten, Gedanken nicht zulassen, Worte nicht sprechen, Taten ungeschehen lassen, Menschen nicht in dein Herz schließen, Menschen nicht in dein Herz schließen, Menschen nicht in dein Herz schließen,
Menschen
nicht …
in dein …
Herz …

RUHE! Nimm es einfach an.

Habt ihr mal versucht das Leben zu bezwingen? Seid ihr Helden? Soldaten?
Es gibt da draußen so viel mit dem man fertig werden muss. Schule, Studium, Arbeit, Freunde, Partner (haha), Wetter, Kalorien, Verletzungen (MnidHs) und der ganze Scheiß eben. Wie soll man das alles erhobenen Hauptes bestehen? Wie? Ohne an sich zu zweifeln. Denn mal ganz ehrlich, das Rätsel Leben löst man nie wirklich perfekt. Und läuft es mal scheiße, dann schießt es sich ein. Dann strampelt man ganz schön arg, um den Hals wieder aus der Schlinge zu ziehen. Und hast du ihn befreit, dann scheint die Sonne, immer und überall. Selbst nachts. Sie scheint, während du neben ihm liegst, sie scheint dir mitten ins Gesicht, du kannst nicht schlafen, aber es geht dir gut. Weil sein Atmen dich beruhigt. Da gibt es nichts zu bezwingen. Da musst du nur glauben, nicht zweifeln. Du musst jede Geste als gutes Zeichen sehen. Oder besser, du siehst gar nichts. Nicht sehen heißt, nicht falsch interpretieren, kein Stoff zum Sinnieren, kein Hinkelstein, der Gedanken anstößt. Und auch da: Nimm es einfach an.

Nimm an, was du bezwungen hast.

Manchmal habe ich Angst, dass ich mein Herz nicht wieder finde, also das, was ich da mal verschenkt habe. Verschenkt oder verloren. Sollte es zu mir zurückkommen, lege ich es in Ketten, in schwere, aus Stahl geschmiedete Ketten, ich packe es in Kisten, die wiederum in dunkle Räume, auf dass die Sonne mir nachts nicht mehr ins Gesicht schreit! Vermutlich nicht. Aber rein gedanklich wäre es wohl besser. Wenn ich eins weiß, dann: alles was du findest, wird eines Tages wieder verschwinden. Und hat es mindestens zwei Beine, dann rennt es auch. Natürlich schneller als du.

(Reminder: Menschen nicht in dein Herz schließen)

Ich nehme schweren Herzens an, dass ich nicht alles bezwingen kann. Gedanken kreisen weiterhin und der Wunsch nicht allein alt zu werden wird zum Zerbersten groß. Und irgendwann platzt alles heraus und ich wünsche keinem dann in meiner Nähe zu sein. Nicht mal ich möchte dabei sein. Ich nehme aber an, das lässt sich nicht vermeiden.

ODER?

Nehmt an oder bezwingt.

Das Leben ist eine Geschichte

Also mindestens eine. Meist jedoch mehr, viel mehr, viel, viel mehr.

Geschichten, die, wie jeder weiß, das Leben schreibt. Manchmal, glaube ich, sind es Krimis, Thriller oder unsäglich traurige Liebesromane. Die Standard Belletristik ist mir jedoch am Liebsten. Da sind die Chancen auf ein Happy End am größten, es baut sich Spannung auf, aber man muss sich nicht fürchten und Angst vor einem Stich ins Herz muss man auch nicht wirklich haben. Gleich auf der ersten Seite steht dann immer das leidige Vorwort: „Es gibt keine Wunschkonzerte. Also nimm hin, was dir dein Leben schreibt, akzeptiere es, kämpf dich durch, werd damit fertig!“ Bäääm.
Es gibt Geschichten, bei denen behaupte ich, übertrifft sich mein Leben selbst. Es überschlägt sich regelrecht und mischt alle Genre wahllos zusammen, so, als sei es total betrunken. Ein betrunkenes Leben, das zum Scherzen aufgelegt ist, fließend Sarkasmus zu Papier bringt und meinen Verstand auf eine ungewollte Reise schickt. Ohne ein Ziel natürlich. Sonst wäre es ja nur halb so lustig. Sie sind so hart, dass man das Buch einfach weglegen möchte, zurück ins Regal stellen. Und hofft darauf, dass es mit den Jahren reifer wird, sich verbessert oder man selbst mit der Zeit Stärke beweist und damit fertig wird; schlichtweg laut und kräftig „fick dich Leben“ ruft oder zumindest denkt.
Geschichten, die das Leben schreibt oder dir leise ins Ohr flüstert, dir, in Träumen verpackt, die verrücktesten oder beschissensten Realitäten diktiert. Und dann liegst du im Bett, schläfst seit Monaten nur mit Musik ein, weil du es gar nicht zulassen willst, dass diese Storys Nacht für Nacht deine Ruhe stören. Du hörst angestrengt jedem Ton zu, damit du nicht auf diese anderen Gedanken kommst. Doch irgendwann trittst du weg, das Buch schlägt sich auf und die Geschichte von letzter Nacht geht weiter, die Geschichte, die du längst durchlebt hast wiederholt sich. Wieder und wieder. So bizarr
wie Urlaubsbilder der unbeliebten Verwandtschaft, die man sich gezwungenermaßen antun muss.
Und mit den Jahren könnte man eine Bibliothek eröffnen oder ein Antiquariat. Eher letzteres, weil nicht zu erwarten ist, dass die eigenen Geschichten, Kassenschlager werden. Meine zumindest nicht, die bleiben Ladenhüter.

Ja, Geschichten die das Leben schreibt… ich stelle mir vor, wie es an seinem Tisch sitzt, schmunzelnd und händereibend das nächste Unglück mit seinem Füllfederhalter aufs Papier bringt.
Ich bin ein Glückspilz am Gegenteil-Tag. Gute Nacht.